das Sichtbarwerden des Nichtoffensichtlichen

 

 

Ein Bild-Wort-Schrift-Experiment

Welche Bedeutung hat Typografie für die Wahrnehmung von Fotografie? Was löst ein Wort im Zusammenspiel mit dem Bildmotiv aus? Wie verändert sich mit dem Begriff und mit der Formensprache der Buchstaben die Wahrnehmung, lenkt den Blick auf das was wir sehen, bringt zutage, was von alledem losgelöst als Nichtoffensichtliches im Verborgenen bleibt? Das Bild-Wort-Schrift-Experiment von Bärbel Steckenreuter und Stefan Gebhard stellt sich diesen Fragen im gestalterischen Diskurs; das Ergebnis ist eine Art persönliches Tagebuch des situativen Sehens und Fühlens, das stetig wächst.

 

Die Fotografin Bärbel Steckenreuter und der Graphiker Stefan Gebhard haben sich das Sehen und Fühlen als Erfahrung im wechselseitigen Austausch zum Projekt gemacht. Dabei geht es gleichermaßen um den Prozess wie um das, was daraus entsteht. Um das Beobachten und das Innehalten, das genaue Hinsehen, das Ent-decken und das Hineinspüren in den Moment. In der Zusammenarbeit eröffnen sich neue Blickwinkel und Sichtweisen, der Dialog verschiebt die Perspektive und lässt Dinge sichtbar werden, die nicht zwingend offensichtlich sind. Was siehst du? Was sehe ich? Was sehen wir? Und was fühlen wir? Wie lassen sich unsere inneren Bilder zum Sprechen bringen? „Das Spannende an dieser Arbeit ist, dass auch wir gemeinsam neu sehen lernen oder sagen wir, durch die Augen des anderen sehen, immer wieder geht es um die Kongruenz oder die Inkongruenz der Assoziationen. Gelingt es nicht, das Empfinden in Deckung zu bringen, beginnt der Weg der Näherung, das heisst, wir schauen noch einmal ganz genau hin...“, formuliert Bärbel Steckenreuter ihre Motivation.

 

Das Einlassen auf das eigene, stets situativ bedingte Sehen und Fühlen führt über die künstlerische Auseinandersetzung hinaus zurück zur Sensibilisierung der Wahrnehmung. Auf diese Weise widersetzen sich Steckenreuter und Gebhard bewusst einem gängigen Rezeptionsverhalten der Generation Digital – sie begegnen der Welt nicht im selektiven Schnelldurchlauf, sie lassen den Blick schweifen und richten das Auge wie den Sucher einer Kamera aus, sie versuchen sich über den Begriff und die richtige Lautstärke mitzuteilen, reflektieren und verwerfen – und doch bleibt die Arbeit spielerisch, führt über das Sehen zum Verstehen. „Die Welt ist voller Bilder und Informationen, im Zeitalter von Social Media werden wir Tag für Tag mit Nachrichten überflutet. Das erzeugt zunehmend Stress im Kopf und verstellt die Sinne allzu häufig für das Wesentliche. Wir dechiffrieren und versuchen Inhalte zu erfassen, ohne uns wirklich auf die jeweiligen Bilder und Informationen einzulassen. Vielleicht ist das Projekt auch aus einem inneren Bedürfnis nach Ruhe und gemäßigtem Tempo entstanden“, erläutert Stefan Gebhard seine Gedanken „Es hat uns gereizt, unserer Intuition und Wahrnehmung auf den Grund zu gehen und dafür unsere persönlichen Ausdrucksformen zu nutzen.“

 

Bärbel Steckenreuter, Fotografin, arbeitet frei und lässt sich mit Vorliebe intuitiv auf Ideen ein, macht sich auf den Weg, um Herauszufinden, was beim Machen entsteht. Die Inspiration dafür findet sie in der Natur, in der Vielfalt der Pflanzenwelt und in dem individuellen Spiel des Lichts.

www.steckenreuterfotografie.de

 

Stefan Gebhard, Graphiker, führt ein eigenes Graphikbüro und pflegt dort wie in eigenen freien Projekten sein Faible für gute Typografie. Was ihn reizt, ist ein experimenteller Umgang mit Schrift, die Spiegelung des Wortsinns in einer Gestalt, deren Formensprache die Bildinterpretation in eine eigene Richtung lenkt.

www.gebharduhl.de